Quelle: Broschüre zum 100-jährigen Stiftungsfest des Vereins im Jahre 1996.

Zum 100. Male jährte sich am 12. September 1996 der Gründungstag des Vereins ehemaliger Jäger und Schützen Lübeck. Der Verein kann auf eine lange Tradition zurückblicken. Ein guter Grund, einen kurzen geschichtlichen Rückblick zu halten.

Der Werdegang der preußischen Jägerwaffe beginnt mit einem Versuch des Großen Kurfürsten, die Forstbeamten dem Heere als Büchsenschützen nutzbar zu machen.

Die eigentliche Geburtsstunde der stolzen Jägerwaffe schlug aber erst im Jahre 1744 durch Order Friedrichs des Großen. Es entstanden im Laufe der Zeit verschiedene Jägerbataillone.

So wurde 1866 durch Order Wilhelms I., König von Preußen, auch das Lauenburgische Jägerbataillon Nr. 9, mit Garnison in Ratzeburg, aufgestellt.

Nachdem das Jägerbataillon im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 siegreich gekämpft hatte, trat danach eine längere Friedenszeit ein. Um die alten, während der Dienstzeit geschlossenen Kameradschaften weiter pflegen zu können, kam es in verschiedenen Städten Schleswig-Holsteins und Mecklenburgs zu Zusammenschlüssen ehemaliger gedienter Jäger des Lauenburgischen Jägerbataillons Nr. 9 und des Reserve-Bataillons Nr. 14.

In Lübeck erfolgte am 10. September 1896 ein Aufruf in der „Lübecker Eisenbahnzeitung“:

Diejenigen Herren, welche sich für eine Vereinigung

ehemaliger Jäger und Schützen interessieren,

werden gebeten, sich am Sonnabend,

den 12. ds. Monats, abends 9 Uhr, in Siebel’s Restaurant,

Johannisstraße 6, Lübeck, einzufinden.

Mehrere ehemalige Jäger, das waren die Jägerkameraden Schult, Piper, Blohm, Ramm, Kummerov und Haack.

Bereits am 12. September 1896 trafen sich 34 Kameraden der grünen Farbe und gründeten mit Begeisterung einen Verein mit dem Namen:

„Verein ehemaliger Jäger und Schützen für Lübeck und Umgegend“

Die Leitung übernahm zunächst Kamerad Karl Meyer. Bereits im Oktober erfolgte der Beitritt zum Kyffhäuserbund.

Schon im Mai 1900 konnte eine Vereinsfahne angeschafft werden. Am 20. Mai 1900 fand im Kolosseum die Fahnenweihe statt, an der u.a. Offiziere, Oberjäger und Jäger des Lauenburgischen Jägerbataillons Nr. 9 teilnahmen. Zum 1. Ehrenmitglied des Vereins wurde im Juni 1900 in Würdigung seiner Verdienste Major von Claer ernannt. Und ein Jahr später nahm Se. Hoheit der Herzog Johann Albrecht zu Mecklenburg die Ehrenmitgliedschaft in unserem Verein an.

Neben der Pflege der Kameradschaft und Tradition hatten sich bald schießbegeisterte Kameraden zu einer Schießgruppe innerhalb des Vereins zusammengefunden.

Anfang des Jahres 1901 erfolgte der Beitritt zum Deutschen Schützenbund. Im Mai desselben Jahres konnte bereits mit 4 Gewehren (verbessertes Modell 71) das Schießen auf 2 Ständen als Gast auf dem Gelände der Brauerei Lück, in den Sommermonaten jeden Sonntag, durchgeführt werden. Man schoß 150 m bzw. 300 m Auflage und Freihand. Später, bis 1910, wurde auf den Militärschießständen in Brandenbaum 150 m bzw. 200 m geschossen.

Ab 1911 wurde, ebenfalls sonntags, auf dem Schießstand des Jägerkameraden Grotkopp in St. Hubertus geschossen. Es handelte sich dabei um eine 100-m-Bahn, die man später auf 175 m erweiterte. Geschossen wurde mit Militärgewehren der Modelle 88 und später mit den „neuen Modell“ 98.

Nach einigen Jahren ruhiger Vereinsarbeit sind die Kameraden dann in echtem Jägergeist, getragen von der Liebe zu Volk und Vaterland, 1914 zur Fahne geeilt. Drei Kameraden fielen. Ihnen zu Ehren wurde im Jägerzimmer eine würdige Gedenktafel angebracht. Ab 1919 konnte wieder geschossen werden, zunächst mit Luftbüchse und Armbrust.

In den Wintermonaten fand im Vereinszimmer ein Stutzenschießen statt. Auch eine Frauengruppe hatte sich gebildet und führte einmal wöchentlich ein solches Schießen durch. 1922 bzw. 1923 erfolgte der Beitritt zum Nordwestbund und zum Deutschen Jägerbund.

1928 erschien erstmals allmonatlich das eigene Nachrichtenblatt „Horrido“. Es wurde ein wichtiges Bindeglied zwischen Mitgliedern und Vorstand.

Während des 2. Weltkrieges mußte sein Erscheinen eingestellt werden Die Orte der Zusammenkünfte der Kameraden waren manchem Wechsel unterlegen. Ob in „Drückhammers Hotel“, „Hotel Union“, „St. Lorenz Halle“ oder später im „Hindenburghaus“, dem Verbandshaus des Lübecker Landeskriegerverbandes, immer hatten sie liebevoll ein Jägerzimmer eingerichtet. Seit Oktober 1931 befand sich dieses in der Stadthalle, Mühlenbrücke, mit einer schönen Geweihsammlung. Die Leitung des Vereins hatte ab 1897 fast ununterbrochen 25 Jahre lang Kamerad Wilhelm Siems inne. Als er 1921 das Amt niederlegte, wurde er zum Ehrenvorsitzenden ernannt. Die Kameraden Behrens, Hammerich, 1926 abermals Siems, Kamerad Lewerentz und Kamerad Peter Lassen führten nacheinander die Geschicke des Vereins. Ab 1931 übernahm Gustav Luther jr. die Führung, immer das Wohl des Ganzen und das Wohl hilfsbedürftiger Kameraden im Auge.

Nach 1933 fand aufgrund des Führerprinzips eine umfassende Umwälzung der Vereinsführung statt.

Der Verein nahm 1935 den Namen „Kameradschaft ehemaliger Jäger und Schützen Lübeck“ an.

Verbunden war damit auch die Anschaffung einer einheitlichen Jägerkleidung (grüne Jägerjoppe und Jägerhut mit Gamsbart) und einer Jäger-Sturmfahne. Die besondere Pflege in der Kameradschaft galt immer dem Schießen. Es wurden viele Siege errungen. So 1935 in Hamburg der 1. Wanderpreis des Deutschen Jägerbundes (Schützen: Kameraden Stockhusen, Baur und W. Behrmann).

1936 zählte der Verein 193 Mitglieder. Vom 12. – 14. September 1936 konnte der Verein sein 40. Stiftungsfest in Verbindung mit der 8. Bundestagung des Nordwestdeutschen Jäger- und Schützenbundes in Lübeck feiern. Auch hier zeigte sich die enge Verbundenheit mit den Ratzeburger Jägern, indem der Traditionstruppenteil III IR 6 des Lauenburgischen Jäger-Bataillons Nr. 9 für das Fest den Ehrenzug unter Führung eines Offiziers wie auch die Bataillons-Musik für die Veranstaltung stellte.

Während der Einberufung zur Wehrmacht von Kamerad G. Luther übernahm der 2. Vorsitzende, Kamerad Ernst Krüger, die Leitung des Vereins.

Mit Ausbruch des 2. Weltkrieges zog mancher Kamerad wieder den Soldatenrock an und tat seine Pflicht.

Kamerad Ernst Krüger war es, der mit den im Felde stehenden Kameraden die Verbindung laufend aufrecht erhielt und sich somit bemühte, die Kameradschaft weiterzuführen.

Der Zusammenbruch von 1945 setzte der Vereinstätigkeit ein Ende. Der enge Zusammenhalt fehlte.

Durch Gesetz der alliierten Militärregierung wurden alle militärischen Vereinigungen verboten und deren Vermögenswerte beschlagnahmt.

Unser Schießstand in St. Hubertus wurde zerstört. Trotz der Hausdurchsuchungen blieben Dank der Umsicht des Kameraden Ernst Krüger viele Vereinswerte erhalten. Dazu gehörte u. a. die umfangreiche Geweihsammlung, die alte Vereinsfahne von 1900, die Jägersturmfahne, die Hubertus-Königskette, Schießpokale, Schilder, Bilder und das Vereinsarchiv.

Ernst Krüger war es auch, der zu einem ersten öffentlichen Treffen aufrief: zur Hubertusfeier 1951. Und das mit gutem Erfolg!

Nach Lockerung der allierten Anordnungen und nach vorausgehender Besprechung mit dem Lübecker Schützenverein von 1839 e.V. wurde auf Anregung vieler Kameraden am 21. November 1952 der Verein im Jägerzimmer der Stadthalle von 16 Kameraden wiedergegründet. Die Leitung des Vereins übernahm unser Kamerad Ernst Krüger.

Mit dem Lübecker Schützenverein von 1839 e.V., mit dem uns eine jahrelange Kameradschaft verband, wurde die Interessengemeinschaft „Lübecker Jäger- und Schützenverein“ gegründet.

Im April 1953 wurde dem Vereinskameraden und Mitbegründer Hermann Jaeger für seine Verdienste um den Verein die Ehrenmitgliedschaft übertragen. Er war zu dem Zeitpunkt noch das einzige Mitglied, das die Gründung im September 1896 mit vornahm. Nach seinem Tode stiftete seine Tochter den „Hermann-Jaeger-Wanderpreis“.

Bereits 1954 zählte der Verein wieder 74 Mitglieder. Auf der Jahreshauptversammlung im Juni 1955 wurde der Name des Vereins „Kameradschaft Interessengemeinschaft Lübecker Schützenverein/Verein ehem. Jäger und Schützen“ festgelegt.

Der Aufbau des Vereins machte seit der Wiedergründung gute Fortschritte, wobei die Pflege des Schießsportes im Vordergrund stand.

Als die Wiedergründung des Nordwestbundes 1954 in Ratzeburg erfolgte, trat unser Verein diesem abermals bei, ebenso dem in Bückeburg wiedergebildeten Deutschen Jägerbund e. V. Für langjährige große Verdienste um den Verein wurden verschiedene Ehrungen ausgesprochen.

So wurde unser damaliger 1. Vorsitzender und Bundesführer des Nordwestdeutschen Jäger- und Schützenbundes Kamerad Gustav Luther 1955 zum Ehrenvorsitzenden ernannt. Die Kameraden G. Hartmann und Ernst Krüger wurden Ehrenmitglieder.

Im Oktober 1961 wurde Kamerad H. Grafelmann Mitglied unseres Vereins und auf der nächsten Jahreshauptversammlung zum Schießwart gewählt. Zu dieser Zeit schoß man gemeinsam mit dem Lübecker Schützenverein von 1839 e.V. bei Familie Grotkopp in St. Hubertus auf 6 Kleinkaliber-Bahnen (50 m).

1961 war es auch, daß unser Verein beim Amtsgericht Lübeck in das Vereinsregister unter VR 1038 eingetragen wurde.

Im Sommer 1964 fand Kamerad Grafelmann auf dem Volksfestplatz an der Medebeck/Lauerholz, wo zu der Zeit noch Trümmerschutt lag, ein geeignetes Gelände für die Errichtung eines Schießstandes für den Verein ehemaliger Jäger und Schützen. Nachdem die Pachtverhandlungen mit der Hansestadt Lübeck abgeschlossen waren, entstanden in Selbsthilfe und Privatinitiative, aus eigenen Mitteln und Spenden, innerhalb eines Jahres zwei KK-Schießstände
(50 m) und ein zunächst sehr bescheidener, aber eigener Aufenthaltsraum.

Die Einweihung fand unter Teilnahme zahlreicher Vereine am 19. und 20. Juni 1965 im Hotel Schweizerhaus, Travemünder Allee, statt. Die Rede hielt der Ehrenvorsitzende G. Luther. Mit lobenden Worten, verbunden mit dem Dank für den unermüdlichen Einsatz aller Beteiligten, übergab er anschließend den Schießstandschlüssel an Kamerad Gafelmann. Es blieb nicht bei den zwei Schießständen. Im Laufe der Jahre wurde die KK-Anlage auf sechs Bahnen erweitert.

Und bereits im Jahre 1973 wurde über die Einrichtung einer Luftgewehr-Anlage diskutiert, mit deren Bau schon im nächsten Jahr begonnen werden konnte.

Nach aufopferungsvoller Eigenleistung konnte Ende 1975 der LG-Schießstand mit fünf Bahnen feierlich eingeweiht werden. Wegen ihrer besonderen Verdienste hierbei seien die Kameraden Grafelmann, Hölker, Klamt, Steinicke, Zimmermann und die Gebr. Hirn genannt.

Der Schießbetrieb konnte nun in vorbildlicher Weise durchgeführt werden. Insbesondere wurde die Jugend durch die neue LG-Anlage stärker an den Schießsport herangeführt.

Um Wettkämpfe auf Kreis- und Landesebene bestreiten zu können und damit die sportliche Anerkennung zu erhalten, trat unser Verein im November 1979 dem Norddeutschen Schützenbund bei. Voraus ging der Austritt aus dem Nordwestbund.

Von nun an konnten auch Frauen Mitglied des Vereins werden und an den Wettkämpfen teilnehmen. Auf dem Hubertusschießen 1980 wurde erstmals eine Vereinskönigin ausgeschossen. Das Königspaar 1980/81 hieß: Gisela Klamt und Josef Hirn!

Mit der Zeit war der bisherige Aufenthaltsraum zu klein geworden, die Sanitäranlagen ließen zu wünschen übrig. Im Jahre 1985 konnte der Ausbau in der heutigen Form eingeweiht werden. Als letzte räumliche Erweiterung kamen noch ein Abstellraum und eine Werkzeugkammer hinzu. Statt der alten Gasaußenwandöfen bekamen wir eine moderne Gasheizung.

Um auch in den Wintermonaten den Schießbetrieb auf dem LG-Stand durchführen zu können, kam es 1994 zum Einbau einer Zentralheizung. Somit kann hier auf 5 Bahnen ganzjährig Luftgewehr und Luftpistole geschossen werden.

Auch auf dem KK-Stand waren einige Nachbesserungen notwendig. Die Bahnen bekamen eine neue Deckung. Aus Gründen des Umweltschutzes wurden dabei auch Auffangrinnen für das Blei eingebaut.

Damit entsprachen beide Schießstände dem heute gültigen technischen Standard, so daß hier auch Meisterschaften ausgetragen werden können. Diese Anlagen haben nicht zuletzt dazu beigetragen, daß der jugendliche Nachwuchs sich vergrößert hat, rege am Vereinsleben teilnimmt und sich für den Schießsport begeistert. Heute zählt der Verein wieder mehr als 60 Mitglieder, wovon 20 weibliche Mitglieder sind.

So entstand im Laufe der Jahre durch den Fleiß und die Initiative der Mitglieder sowie mit Unterstützung des Sportamtes und der Possehl-Stiftung ein gemütliches Vereinsheim auf dem Volksfestplatz an der Travemünder Allee mit zwei herrlichen Schießanlagen.

Und waren es anfangs ehemals Gediente des Lauenburgischen Jägerbataillons Nr. 9, die in Treue und Kameradschaft und in Freude am Schießsport zusammenkamen und durch alle Wirren der Zeit und trotz wechselvoller Geschichte zusammen hielten, so verbindet auch uns heute, nicht ohne der schon lange verstorbenen Kameraden in Dankbarkeit und Hochachtung zu gedenken, ebenso die Freude am sportlichen Schießen, die Kameradschaft zu anderen Vereinen weit über die Stadtgrenze hinaus, die Geselligkeit und nicht zu vergessen, die Pflege des Brauchtums und der Tradition.

100 Jahre Sport und Brauchtum – so soll’s noch 100 Jahre sein!

 

Eine Fortsetzung dieser Chronik folgt hoffentlich bald.